Helge Mühr: Geringe Wahlbeteiligung muss Konsequenzen haben

24.03.2015

Mit den Glückwünschen an den neuen Oberbürgermeister verbindet der Stadtverordnete Helge Mühr auch starke Kritik an die Mehrheitsfraktion und den scheidenden Oberbürgermeister Möller. „Die CDU hat nichts unternommen, um der vorhersehbaren schlechten Wahlbeteiligung entgegenzutreten“, kritisiert der liberale Fraktionsvize Helge Mühr.

Genau wie sein Vorgänger, drückt auch Fuldas neuer Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) sein Bedauern über die erneut sehr niedrige Wahlbeteiligung aus. Doch auf Möllers Sonntagsreden folgten damals keinerlei Maßnahmen, um dieser Entwicklung entgegenzutreten. „Es scheint, als wäre eine höhere Wahlbeteiligung für die Politiker kein besonders wichtiges Ziel, denn sie werden ja trotzdem gewählt“, vermutet Mühr.

Mühr prophezeit, „dass die immer mehr schwindende Legitimation der politischen Vertreter, nur durch einen permanenten gemeinsamen Diskurs auf Augenhöhe und durch mehr Beteiligung der Bürgerschaft an Entscheidungsprozessen aufgehalten werden kann“. „Wer allerdings die niedrige Wahlbeteiligung mit einem Desinteresse an unserer Stadt gleichstellt, der verkennt die Situation. Denn trotz der stetig schrumpfenden Wahlbeteiligungen, steigt im Gegenzug die Zahl der Bürgerbewegungen und Initiativen. Es scheint, als wäre die Gesellschaft protestfähiger geworden, allerdings jenseits der etablierten Strukturen von Parteien und Verbänden“, erklärt der Stadtverordnete weiter.

Eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hat ergeben, dass 81 Prozent der Befragten sich größere Beteiligungsmöglichkeiten und mehr Mitsprache bei politischen Entscheidungen wünschen. Demnach sind 60 Prozent der Befragten bereit, sich auch bei Bürgerbegehren, Diskussionsforen oder Anhörungen aktiv in Entscheidungen einzubringen. Dabei wächst der Wunsch nach größerer Beteiligung mit zunehmender Lebenserfahrung, heißt es in der Umfrage. Unter den Jüngeren fordern 74 Prozent mehr Mitsprache, bei den 50- bis 64-Jährigen sind es sogar 90 Prozent. Auch unter den Nichtwählern spricht sich eine überwältigende Mehrheit (89 Prozent) für mehr Bürgerbeteiligung aus.

„Nichtwähler haben das Gefühl, nichts bewirken zu können, weil alles über ihren Kopf hinweg entschieden wird, es fehlt ihnen die Motivation. Genau da müssen wir ansetzen. Denn wer mehr Wahlbeteiligung fordert, der muss die Menschen auch intensiver beteiligen“, fordert Mühr. „Es funktioniert heute nicht mehr, dass man den Bürgern auf der einen Seite immer mehr abverlangt, die Steuern und Gebühren erhöht und auf der anderen Seite nichts zurück gibt. Die Menschen fordern heute Gegenleistungen von der Politik“, erklärt der Freie Demokrat. „Auch ist das Vertrauen in die Politiker auf einem historischen Tiefpunkt, das macht auch nicht vor Kommunalpolitikern halt. Es fehlt die Verbindung zwischen den Politikern, ihren Parteien und der öffentlichen Verwaltung zum Bürger und seinen Bedürfnissen. Man muss es den Menschen einfacher machen, sich einzubringen und mit den Entscheidern auf Augenhöhe über ihre Themen diskutieren zu können.

„Darüber hinaus gilt es, den Menschen klar zu machen, dass die Kommunalpolitik ihren unmittelbaren Alltag beeinflusst und ihre eigene Nachbarschaft gestaltet“, fordert der Liberale weiter. „Dazu muss die Bürgerschaft aber auch eingeladen und zum mitmachen motiviert und animiert werden. Hierfür haben die Freien Demokraten ihre Vorschläge für neue Modelle und Methoden der Bürgerbeteiligung eingebracht, bisher leider ohne Erfolg. Jeder Versuch wurde seitens der CDU und Oberbürgermeister Möller torpediert. Es bleibt zu hoffen, dass die bedauernden Worte des neuen OBs über die schlechte Wahlbeteiligung nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, wie bei seinem Vorgänger“, so der Stadtverordnete abschließend.